Ab heute noch 100 Tage bis zum großen Lese-Marathon der „Ästhetik des Widerstands“ vom 11.-13.November im Peter-Weiss-Haus in Rostock
Gunilla Palmstierna-Weiss zur “Ästhetik des Widerstands”
Von heute an wollen wir Euch jeden Tag Lesende vorstellen, die an der großen Stafettenlesung in Rostock teilnehmen, Geschichten rund um Peter Weiss und sein Werk erzählen, Infos und Tipps zur Stafettenlesung präsentiere und vieles mehr.
Für die einen eignet sich der Countdown als Entscheidungshilfe bei der Frage, ob ein Besuch der Stafettenlesung lohnt (wir sagen: Auf jeden Fall!), für andere könnte es ein 100-Tage-Onlinekurs zu Peter Weiss und seine anhaltende Wirkung bis heute sein oder aber einfach nur eine Einladung zur neuen oder Wiederbeschäftigung mit dem großartigen Künstler und seinem Opus Magnum „Die Ästhetik des Widerstands“.
Das erste Kalenderblatt ist Gunilla Palmstierna-Weiss gewidmet: ein beeindruckender Mensch mit soviel Facetten, dass ein Kalenderblatt im Countdown nicht reicht. Am besten man besorgt sich gleich ihre Memoiren „Minnets spelplats“, erschienen im Albert Bonniers Verlag in Stockholm besorgt, sofern man des Schwedischen mächtig ist. Ansonsten müssen wir noch auf die geplante Übersetzung ins Deutsche warten.
Gunilla Palmstierna-Weiss ist 1928 in Lausanne, Schweiz, geboren, aufgewachsen in Österreich, Frankreich und Niederlanden, den 2.Weltkrieg durchlitt sie in Rotterdam und Berlin. Ihr Kunststudium führte sie nach Amsterdam und Paris. Sie erlebte die 68er-Bewegungen aktiv im gesellschaftspoltischen Kontext dreier Länder. Vielfältige Begegnungen und Freundschaften mit bekannten bzw. einflussreichen Persönlichkeiten festigten sich über die bewegte Zeit hinaus, u.a. zu Ulrike Meinhof, Rudi Dutschke, Olof Palme, Heinrich Böll u.a. Über die Grenzen von Schweden hinaus wurde Gunilla Palmstierna-Weiss vor allem als Bühnenbildnerin u.a. in Zusammenarbeit mit Ingmar Bergman, Peter Brooks und ihrem Mann Peter Weiss international tätig und bekannt. Seit 1952 waren Gunilla Palmstierna und Peter Weiss ein Paar und arbeiteten Tür an Tür. Die künstlerischen Arbeiten Gunillas und die von Peter Weiss beeinflussen und bedingen sich wechselseitig. Auch politisch waren sie gemeinsam aktiv. Sie verkehrten in schwedischen Zusammenhängen, die auf die politische Prägung Peter Weiss’ entscheidenden Einfluss hatten, was im deutschen Kontext oft ausgeblendet bleibt. Zu den politischen Entwicklungen nahmen sie radikal Stellung. Nach dem Tode Peter Weiss’ 1982 wurde Gunilla zu einer seiner wichtigsten Nachlassverwalterinnen und kuratierte zahlreiche Ausstellungen und begleiteten eine Vielzahl von posthumen Veröffentlichungen. Auch im Alter von über 80 Jahren wird das Leben von Gunilla nicht ruhiger. So hat sie auch unser Vorhaben von Anfang an unterstützt. Danke!
Wir haben Gunilla in Stockholm besucht, um in Vorbereitung der Stafettenlesungen Filmaufnahmen zu machen und sie wie viele der an der Stafettenlesung Beteiligte zu ihren ersten Begegnungen mit Peter Weiss, seinem Einflusses auf ihre Arbeit und die aktuelle Bedeutung von Peter Weiss und der „Ästhetik des Widerstands“ befragt.
Gunilla Palmstierna-Weiss in einem ihrer Statements: „Es ist ein Kunstwerk, das sowohl Schrift, Politik, Kunst, alles in sich hat. Die Form macht es zu einem Klassiker, der Einfluss auf viele junge Schriftsteller nicht nur in Deutschland hatte.“